Prof. Dr. Sabina Pauen

Psychologisches Institut

Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie und Biologische Psychologie

Universität Heidelberg

 

Arbeitsgebiete:

Meine aktuellen Arbeitsschwerpunkte liegen im Schnittfeld zwischen Entwicklungspsychologie, Allgemeiner Psychologie, Biopsychologie und Pädagogischer Psychologie. Sie beziehen sich auf folgende inhaltlich Gebiete:

  • Domänenspezifität im Wissenserwerb

  • Sprachentwicklung

  • Informationsverarbeitung im Entwicklungsverlauf

  • Selbstregulation in der frühen Kindheit

 

Domänenspezifität im Wissenserwerb

 

Ein zentrales Anliegen meiner Forschung besteht darin herauszufinden, wie Kinder sich Wissen aneignen - und zwar von Geburt an.

 

Bei den Babys möchten wir erforschen, ob schon der vorsprachliche Wissenserwerb domänenspezifischen Prinzipien folgt. Konkret interessiert uns, wie früh Kinder zwischen Lebewesen und unbelebten Gegenständen unterscheiden können und auf welcher Grundlage sie das tun.

 

Bei den Kindergartenkindern wollen wir herausfinden, wie sich das psychologische, mathematische und naturwissenschaftliche Denken weiter entwickeln und wie man Kinder am besten auf diesen Gebieten fördern kann. Gleichzeitig suchen wir nach Möglichkeiten, Bildungsprogramme für die frühe Kindheit zu entwickeln, die der Entwicklung von Schubladendenken entgegenwirken.

 

Schließlich hat sich meine Promotion mit der Frage befasst, wie Grundschulkinder über physikalische Zusammenhänge nachdenken.  

 

Eigene Studien zum Thema wurden durchgeführt im Kontext des VW-Graduiertenkollegs "Kognitive Entwicklung" (Promotion), des "Cognitive Studies Program" der Cornell University (Ithaca, NY) und der DFG-Forschergruppe "Kognitive Entwicklung" (Habilitation).

 

Für meine Forschungsleistungen auf den oben genannten Gebieten wurde ich mit dem Charlotte und Karl Bühler-Preis der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ausgezeichnet.

 

Aktuell beschäftigt sich mein Forschungsteam unter anderem mit folgenden Themen:

 

Wie unterscheiden Babys Lebewesen von unbelebten Objekten?

Zunächst konnten wir zeigen, dass Kinder mit spätestens 7 Monaten in der Lage sind, Lebewesen von unbelebten Objekten zu differenzieren. Dabei stützen sie sich offensichtlich nicht nur auf Merkmalen der äußeren Erscheinung, sondern auch auf Verhaltensmerkmale. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis untersuchen wir nun, worin das betreffende Wissen konkret besteht und unter welchen Umständen es aktiviert wird. Außerdem messen wir, ob sich die betreffende Unterscheidungsfähigkeit auch in Hirnstrommessungen nachweisen lässt.

 

Verfügen bereits Säuglinge über Kausalwissen?

Um dieser Frage nachgehen zu können, haben wir ein neues experimentelles Paradigma entwickelt, mit dem erforscht werden kann, ob Kinder im Alter von einem halben Jahr selbstinitiierte Bewegung auf Lebewesen oder auf unbelebte Objekte attribuieren. Unsere bisherigen Befunde scheinen zu bestätigen, dass Ursachendenken in der fraglichen Altersgruppe nachweisbar ist. Zur Zeit klären wir, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit Kinder entsprechende Leistungen zeigen.

 

Wie bauen Säuglinge Wissen über andere Menschen auf?

wie eigene Studien belegen, können Kinder schon mit wenigen Monaten eine eindeutige Unterscheidung zwischen Menschen und Tieren treffen.

Trotzdem haben Menschen mit Tieren auch viel gemeinsam. So haben sie einen eigenen Willen, zeigen zielgerichtetes Verhalten und können kommunizieren.

In einer Serie von Studien sind wir der Frage nachgegangen, ob Babys alleine anhand des Blicks einer Person erkennen können, für welche Art von Ding sich die andere Person besonders interessiert.

In einer anderen Serie von Studien ging es um die Frage, ob Babys schon zwischen "Geben" und "Nehmen" differenzieren können.

Schließlich untersuchen wir die allerersten Anfänge mentalistischen Denkens. Konkret interessiert dabei, wie früh es Kindern gelingt zu verstehen, dass ein Mensch aufgrund bestimmter Überzeugungen und Annahmen handelt, die nicht mit den eigenen Annahmen übereinstimmen müssen. 

 

Wie bauen Säuglinge Wissen über Artefakte auf?

Eine weitere Serie von Studien versucht zu klären, wie Säuglinge Funktionswissen über Artefakte aufbauen. Hier prüfen wir, ob künstliche Gegenstände eher nach dem Prinzip der Gesamtähnlichkeit kategorisiert werden oder ob einzelne Teile mit funktionaler Relevanz für die Gruppierung ausschlaggebend sind. Dabei kommt erstmals ein Trainingsparadigma zum Einsatz, bei dem Beobachtungs- und Imitationslernen kombiniert werden.

Sprachentwicklung in der frühen Kindheit

 

In Kooperation mit Linguisten, Neurowissenschaftlern und Medizinern aus Berlin, Potsdam, Leipzig und Konstanz haben wir vor kurzem eine interdisziplinäre Forschergruppe gegründet, die sich mit der Genese kindlicher Sprachentwicklungsstörungen beschäftigen wird.  

 

Die Rolle der kognitiven Entwicklung für den Spracherwerb 

Im Kontext dieses Projektes wollen wir unter anderem erforschen, ob die vorsprachliche Kategorien- und Konzeptbildung von Bedeutung für den Lexikonerwerb ist. Unter praktischen Gesichtspunkten interessieren wir uns für Möglichkeiten der Frühdiagnostik und Frühförderung bei Kindern mit erhöhtem Risiko für eine Spracherwerbsstörung. Die Datenerhebungen haben im Frühjahr 2001 begonnen.  

 

Zusammenhang zwischen Kategorisierung und Lexikonaufbau

Innerhalb des ersten Lebensjahres findet ein global-to-basic-level shift im kategorialen Denken von Kindern statt. Zunächst differenzieren sie nur grob zwischen Lebewesen und unbelebten Objekten. Mit 11-12 Monaten können sie aber auch schon verschiedene Tierarten und Artefaktkategorien auf "basic-level" Niveau unterscheiden (z.B. Hunde und Katzen oder Stühle und Tische). Zu dieser Zeit setzt auch das Wortlernen ein. Wie sich vorsprachliche Kategorienbildung und Lexikonaufbau wechselseitig beeinflussen, erforschen wir experimentell.

 

 

Informationsverarbeitung im Entwicklungsverlauf

 

Zur Zeit richten wir an der Universität Heidelberg ein biopsychologisches Forschungslabor ein. Ziel dieses Vorhabens ist es, künftig Verhaltensmaße bei der Bearbeitung kognitiver Aufgaben mit bio- und neurophysiologischen Daten zu kombinieren. Das Labor wird seine Arbeit voraussichtlich im Herbst diesen Jahres aufnehmen.

 

Aktuell konzipieren wir ein Forschungsprojekt, das sich auf die Frage bezieht, ob die Gewöhnung an einen bestimmten Reiz und die Orientierung auf einen neuen Reiz unabhängig von der Art des präsentierten Stimulus (akustisch, visuell) und der Art der Aufgabe (wiederholte Präsentation des gleichen Stimulus vs. Kategorisierungsaufgabe) bei einem gegebenen Kind vergleichbare körperliche Reaktionen und ähnliche Veränderungen des Aufmerksamkeitszustandes auslösen. Ziel dieses Projektes ist es herauszufinden, ob basale Lernmechanismen individuelle Stabilität über das Lebensalter hinweg aufweisen und mit der späteren Intelligenz korrelieren.